SEITE 24 FREITAG, 28. JUNI 2019 Aus welchen Gründen streben junge Menschen ein duales Studium an? Aus unseren Befragungen wissen wir: Es gibt vier Aspekte, die dual Studierende motivieren. Das ist zum einen die finanzielle Sicherheit, denn die Studierenden verdienen von Anfang an ein eigenes Gehalt. Zum anderen bedeutet ein duales Studium auch einen relativ sicheren Einstieg in den Beruf. Außerdem ist natürlich der hohe Praxisbezug ein Faktor, der das duale Studium von der üblichen akademischen Ausbildung abhebt. Und der Karrierefaktor spielt eine Rolle, das heißt, die Absolventen erwarten, dass sie höher in den Beruf einsteigen. Und werden diese Erwartungen erfüllt? Die Erwartung mussten wir in unserer Studie ein Stück weit entzaubern. Die Absolventen steigen zwar gut ein, aber nicht so hoch, wie sie es sich vorstellen. Und sie steigen dann auch nicht so schnell auf – einfach, weil ihre Ausgangsposition niedriger ist als erwartet. Wie sehen denn die Vorstellungen der Absolventen aus? Etwa 60 Prozent der Befragten streben eine Position in Leitungsfunktion an. Tatsächlich fangen die meisten (69 Prozent) dann aber als Angestellte ohne Führungsverantwortung an, wie unsere Studie gezeigt hat. Woher kommt diese Erwartungshaltung? Aus unserer Befragung in den Betrieben wissen wir, dass dieses Bild auch durch die Hochschulen forciert wird. Für Personalverantwortliche ist es natürlich klar, dass ein Berufseinsteiger mit Anfang 20 nicht gleich eine Führungsposition bekommt. Einige Hochschulen scheinen hier aber falsche Versprechungen zu machen. Lohnen sich die Mühen eines dualen Studiums also doch nicht? Doch. Ein duales Studium lohnt sich insofern, als dass der Übergang in den Beruf für diese Absolventen erfolgreicher ist, wie unsere Studie zeigt. Wir haben die Daten mit denen herkömmlicher Bachelor-Absolventen verglichen: Wer ein duales Studium in der Tasche hat, war deutlich seltener arbeitslos und auch häufiger in Vollzeit angestellt. Außerdem hatten die dual Studierenden seltener befristete Verträge, was natürlich auch ein Vorteil ist. Und woran liegt das? Durch die Präsenz im Unternehmen haben die dual Studierenden von Beginn an viele Vorteile gegenüber anderen Bachelor-Absolventen. Diese Interview Duales Studium: Schneller Karriere-Weg Worauf bei den Absprachen mit dem Betrieb zu achten ist, und welche Erwartungen Studierende nicht zu hoch setzen dürfen, verrät Sirikit Krone vom Institut Arbeit und Qualifikation der Universität Duisburg-Essen im Interview mit Amelie Breitenhuber. Halb Student, halb Berufstätiger: Das duale Studium ermöglicht es Schulabgängern, den Besuch der Hochschule mit Praxisphasen im Betrieb zu kombinieren. fotomontage: Silvia Marks haben nach der Uni oft erst mal eine lange Orientierungsphase. Bei dual Studierenden dagegen wissen die Betriebe, dass die Absolventen keine Einarbeitungsphase mehr brauchen und auch ohne eine Traineestelle in den Beruf einsteigen können. Viele Betriebe treffen im Laufe der Ausbildung schon eine Absprache mit den Studierenden, was eine Übernahme oder eine künftige Position im Unternehmen angeht. Sollte man den Betrieb denn möglichst bald auf eine Übernahme festnageln? Nicht vorrangig. Viel wichtiger ist aus meiner Sicht darauf zu achten, dass es einen vernünftigen Ausbildungsvertrag gibt – mit Angaben zu Arbeitszeiten und Gehalt, wie in der Regel jeder beruflich Auszubildende einen hat. Oft befinden sich dual Studierende, die keine Berufsausbildung im Unternehmen machen, in einer rechtlichen Grauzone und sind im Betrieb als Praktikanten tätig. Wie diese Form von Ausbildungsverhältnissen geregelt wird, ist nicht gesetzlich festgelegt. Entsprechend sollten die Studierenden darauf schauen, die Grundlagen ihrer Ausbildung sachlich zu dokumentieren. Die Frage der Übernahme klärt sich dann in der Regel im Laufe des Arbeitsverhältnisses selbst. Auf was sollte man außerdem achten? Wichtig ist zudem, dass es auch Absprachen zwischen den Hochschulen und den Unternehmen gibt – zum Beispiel in Form eines Kooperationsvertrages, der die Eckdaten der Ausbildung beziehungsweise der betrieblichen Praxisphasen regelt. Und selbstverständlich sollten die Studierenden kompetente Ansprechpartner sowohl im Betrieb als auch in der Hochschule haben. Zum Teil ist es an den Hochschulen selbst gar nicht bekannt, welche Studenten regulär studieren und wer noch zusätzlich im Betrieb Praxiserfahrung sammelt. Und wer hilft dualen Studierenden bei der Ausbildung im Betrieb zur optimalen Vorbereitung auf den Berufseinstieg? Das sind der direkte Vorgesetzte im Betrieb und auch andere dual Studierende. Die Befragten haben vor allem zurückmeldet, dass es wichtig ist, sich in verschiedenen Einsatzfeldern zu betätigen und zum Beispiel nicht nur in einer Abteilung zu lernen. Wenn die Ausbildung in die Breite geht und man schon als Student die Möglichkeit hat, ein Netzwerk im Unternehmen aufzubauen, hilft das auch auf dem Weg in den Job. Zahlreiche Angebote auch für junge Leute im Handwerk Es gibt viele Angebote zum dualen Studium. Foto: B. Wüstneck Auch im Handwerk können Auszubildende neben der Lehre noch ein Studium absolvieren. Insgesamt gibt es in Deutschland 157 ausbildungsintegrierende duale Studiengänge, die Azubis aus diesem Berufsstand offenstehen. 21 davon richten sich nur an angehende Handwerker. Das geht aus Zahlen des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) für das Jahr 2016 hervor. Die mit weitem Abstand meisten Angebote finden sich demnach an Fachhochschulen und in Fachrichtungen wie Maschinenbau und Elektrotechnik oder dem Ingenieurwesen. Die größte Auswahl haben Elektroniker für Maschinen oder für Automatisierungstechnik: Ihnen steht jeweils ein knappes Drittel der dualen Studiengänge für das Handwerk offen. Vergleichsweise viele Angebote gibt es aber zum Beispiel auch für Maurer oder Zimmerer. Regional betrachtet verteilen sich die Angebote in etwa gleichmäßig, die größte Anzahl gibt es in den bevölkerungsstarken Bundesländern Nordrhein- Westfalen und Bayern. Gar keine dualen Studiengänge für angehende Handwerker gibt es nur in Berlin, Bremen und im Saarland. Insgesamt gibt es in Deutschland 565 ausbildungsintegrierende duale Studiengänge. Sirikit Krone hat an einer Studie mitgearbeitet. Foto: IAQ
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