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SEITE 18 FREITAG, 29. SEPTEMBER 2017 In der Garage nix Neues Von Dominique Cîrstea Paul Nickel und sein Motorrad - das ist wie Vanilleeis mit Himbeeren. Niemand würde daran zweifeln, dass diese Elemente zusammengehören. Ein Vierteljahrhundert ist es her, seit er seine EMW R 35 bekommen hat. Modernes lässt ihn heute noch kalt. Usadel. Abgewetzte Lederjacke, feste Schnürstiefel, runde Brillengläser, Halbschale auf dem Kopf, Motorrad unterm Hintern. Das ist Paul Nickel. Vierundzwanzig Jahre ist es nun her, seit er sein erstes Moped von seinem Vater geschenkt bekommen hat und von ihm ans Fahren und Bauen herangeführt wurde. Mit sechzehn hat Nickel seinen Führerschein gemacht. Zum Geburtstag gab‘s eine EMW R 35, Baujahr 1953. „Der Urtyp wurde bereits 1934 entwickelt und später in Eisenach gebaut. Bis zum Zweiten Weltkrieg war dort ein Standort von BMW. Nach Kriegsende sollte der Standort zunächst demontiert werden, wurde jedoch zur Ableistung von Reparationszahlungen behalten. Ab 1946 wurden dort wieder Fahrzeuge gebaut. Zu diesem Zeitpunkt hieß das Motorrad noch BMW R 35. Ab 1952 nannte sich das Werk jedoch in Der Usadeler Paul Nickel mit seiner EMW R 35. EMW um. In den frühen Jahren der DDR wurde die EMW R 35 hauptsächlich als Behördenfahrzeug für Stasi oder Polizei genutzt.“ Zwei Jahre lang hat Paul Nickel gebaut, bis er seine Maschine mit 18 endlich fahren konnte. „Ich war damit auch schon in England und Schottland. Im letzten Jahr sind wir durch das Baltikum gefahren, bis hoch nach Estland“, erzählt er. „Im Laufe der Zeit habe ich auch andere Motorräder geschenkt bekommen, gekauft und aufgebaut. Meine EMW ist mit die älteste.“ Die Liebe zum Zweirad ist über die Jahre geblieben. Neuere Modelle kommen dem gelernten Zerspanungsmechaniker jedoch nicht in FOTO: DOMINIQUE CÎRSTEA die Garage. „Für moderne Maschinen hege ich keine Sympathien. Meine EMW ist sehr zuverlässig, sparsam und ideal für den Alltag. Nur im Winter steige ich auf mein MZ-Gespann um. Bei widrigen Bedingungen ist es doch sicherer, mit Beiwagen zu fahren“, erzählt er. Aber auch bei dieser Maschine gilt: Alles, was gemacht werden muss, macht Paul Nickel größtenteils allein. „Durch meine Ausbildung kann ich die meisten Teile selbst nachbauen. Lediglich Verschleißteile wie Ventile oder Kolben muss ich kaufen. Rein finanziell betrachtet wäre dieses Hobby sonst nicht möglich.“ Nickel fährt mit seinen Oldtimern auch auf Treffen, wo sich Fans alter Zweiräder austauschen und helfen. „Manchmal hat man Glück und trifft ältere Leute, die noch Teile oder alte Maschinen haben. Auf dem Schrottplatz findet man auch ab und zu etwas. Im Internet gibt es zwar zig Foren, dort werden die Teile aber meist für horrende Preise verkauft – vieles ist auch einfach Schund.“ Weil Paul Nickel seit vielen Jahren Originalteile für seine Maschinen sammelt, kann er meist aus diesem Fundus schöpfen. „Wenn ich dringend etwas anderes benötige, besuche ich Teilemärkte. Ich glaube nicht, dass irgendwann der Punkt erreicht ist und ich keine Ersatzteile mehr habe oder finde. Dafür müsste ich schon deutlich älter werden als einhundert“, sagt der 36-Jährige und lacht. Mit den Jahren ist auch sein Freundeskreis in der Oldtimer-Szene gewachsen. Hier hilft man sich oft auch ohne Geld.“ Neben den finanziellen Mitteln ist auch Zeit ein limitierender Faktor. „Mein Hobby nimmt sehr viel Zeit in Anspruch. Ich fahre viel auf der Straße – ich besitze kein Auto – aber ich nehme auch an Oldtimerausstellungen teil und präsentiere gern meine historischen Fahrzeuge.“ Einige kennt heute kaum noch jemand. „Daher bekomme ich oft viele Fragen gestellt“, sagt Paul Nickel. Anzeige

FREITAG, 29. SEPTEMBER 2017 SEITE 19 Die Schönheit aus Australien ist wieder gelb. Weil der Verkäufer sie in dieser Originalfarbe nicht los wurde, hatte er sie schwarz lackiert. Noch heute nennt Nico Lüttschwager den Landcruiser „Black Beauty“. LESER ÖFFNEN IHRE GARAGE Meine Dame, stark wie ein Traktor Nico Lüttschwager ist vom Fach. Nur deshalb konnte sich der 35-Jährige an den Umbau eines zugstarken Toyotas machen. Jetzt hat das gute Stück noch eine Schönheitskur bekommen. Denn bald schon soll er wieder auf große Tour durch schwieriges Gelände gehen. Von Claudia Marsal PRENZLAU. Nico Lüttschwager hat eine große Liebe. Die heißt Stefanie (37) und ist seit vielen Jahren schon an seiner Seite. Und dann gibt es da noch „Black Beauty“. Die hat der Röpersdorfer 2011 bei einer Weltreise in Australien aufgegabelt. Obwohl die Schönheit, Baujahr 1985, etwas jünger als seine Lebensgefährtin ist, muss diese nicht eifersüchtig sein. Denn dass „Black Beauty“ in ihrer beider Leben trat, war eine Entscheidung, die Nico und Stefanie gemeinsam getroffen haben. Als das Paar vor sieben Jahren vom fünften Kontinent aus zu seiner Welterkundung starten wollte, musste nämlich ein fahrbarer Untersatz her. Nicht irgendeiner, sondern ein Fahrzeug, das allen möglichen Strapazen standhält. In dieser Situation fiel die Wahl auf „Black Beauty“, eine Landcruiser-„Dame“, die es in sich hatte. „Ein 3,4- Liter-Saugdiesel mit vier Zylindern“, während der Besitzer das erzählt, blitzen seine Augen mit diebischer Freude. Er weiß, dass jeder, der nur ein bisschen Ahnung von Motoren hat, an dieser Stelle laut seufzen wird. „Ja, ja, die hat schon einen guten Drehmoment, fast so wie ein Traktor“, setzt er schmunzelnd hinzu. Viel weniger wäre auch gar nicht gegangen, schließlich hatten der Uckermärker und seine Freundin viel vor in Down Under, beispielsweise kraftaufwendige Flussdurchquerungen, Bergtouren und Wüstenfahrten. Als sie zwei Jahre später wieder nach Deutschland kamen, hatte „Black Beauty“ über 60 000 Kilometer mehr auf der Uhr und bewiesen, dass sie verlässlich, aber keinesfalls makellos ist. Schon beim ersten Umbau in Australien merkte der gelernte Kfz-Mechaniker, dass der Neuerwerb etliche Mängel hat. Unentdeckte Roststellen Der Grill ist wieder sauber. Der Auspuff muss noch ran. beispielsweise fielen ihm auf. Rückblickend räumt der Besitzer einer Reisemobil-Werkstatt auch ein, dass seine ersten Umbauten damals nicht ganz durchdacht waren. Wieder zurück in Deutschland bekam der Toyota deshalb erst einmal einen Garagenplatz. Ihre zweite lange Reise durch Kanada traten die beiden mit einem Mitsubishi L300, Yeti genannt, an. „Black Beauty“ wartete derweil in Prenzlau darauf, dass sich Nico Lüttschwager ihrer noch einmal annehmen würde. Und genau das hat der 35-Jährige in den vergangenen Monaten getan. Das Lenkrad ist immerhin schon wieder am richtigen Platz. Viele Blechteile hat er einfach selbst gebaut Im ersten Schritt kam zunächst die namensgebende schwarze Farbe runter. „Dieser Landcruiser ist von Haus aus eigentlich gelb. Aber der australische Vorbesitzer hat ihn damals umlackieren lassen, weil ihn in gelb niemand kaufen wollte“, erinnert sich Nico Lüttschwager. „Danach habe ich den Rahmen sandstrahlen lassen und die Karosserie komplett geschliffen, um alle Roststellen aufzudecken. Mannomann, da kam noch mehr zutage, als ich ohnehin befürchtet hatte“, denkt der Röpersdorfer zurück. Im Anschluss wurde die komplette Spritzwand erneuert, danach die Radkästen hinten. Viele Blechteile hat er selbst gebaut. „Zum Einsatz kam beispielsweise eine T 4-Tür, die zerschnitten und hinten reingedengelt wurde.“ Im Spätsommer 2017 sind nun FOTOS (4): CLAUDIA MARSAL rund 80 Prozent der Arbeiten geschafft. „Ich weiß, wenn man das Auto so sieht, kann man das kaum glauben“, witzelt der Besitzer mit Blick auf den nackten Innenraum. „Die Mutter meiner Freundin sagt ja immer, solange das Auto so aussieht, muss sie keine Angst haben, dass wir wieder losziehen.“ Wenn sie da mal nicht irrt. „Was jetzt noch kommt, sind ein paar Innenraumarbeiten, der Auspuff, na ja, ein bisschen Kosmetik halt...“ Damit zumindest rosttechnisch fortan Ruhe ist, hat der Eigentümer die Teile des Fahrzeugs, die noch mal rosten könnten, spritzverzinkt. Nicht auszudenken, wenn sie das gute Stück bei der nächsten Weltreise – geplant sind Südafrika- beziehungsweise Südamerika-Trips – im Stich lassen würde. Gefragt, was der Preis für die jetzt gelbe Schönheit ist, winkt Nico Lüttschwager sofort energisch ab. „Den gibt es nicht. Sie ist unverkäuflich.“ Nicht nur, weil er in den letzten Jahren viel Geld und Zeit rein gesteckt hat. Das könnte man ja auf materiellem Wege regeln. „Nein, es sind die Emotionen, die daran hängen, die vielen schönen Erinnerungen. Dieses Auto geben wir nie wieder her.“ Kontakt zur Autorin c.marsal@uckermarkkurier.de

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