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Seite 14 Lehrstellen Kurier Freitag, 27. Januar 2017 Was Schülern ohne Abschluss passiert Von Basil Wegener Null Bock auf Schule? Falsche Weichenstellungen? Mangelnde Unterstützung? Ohne Abschluss droht ein hartes Leben mit wenig Chancen. Doch Beispiele zeigen: Es gibt auch Auswege. BERLIN. Mit 18 hatte Adrian genug von der Schule. „Ich war in einer echten Null- Bock-Phase“, sagt der junge Mann mit der Igelfrisur. „Warum sollte ich jeden Tag acht Stunden in der Schule sitzen, wenn es auch so geht?“ Also pfiff er auf einen weiterführenden Abschluss – und freute sich über selbst verdientes Geld. Doch Adrian merkte bald: Die Jobs, die er bekam, blieben eintönig und ohne echte Perspektive. Wie Adrian geht es vielen zehntausend jungen Menschen in Deutschland. Trotz überwiegend guter Noten fürs deutsche Bildungs- und Ausbildungssystem ist der Anteil der Bildungsverlierer hoch, wie eine OECD-Studie zeigt. Rund 50 000 Schüler verlassen die Schule ohne Abschluss, laut Bundesregierung zuletzt 5,8 Prozent. OECD-Bildungsdirektor Andreas Schleicher sieht Abitur oder Berufsabschluss als Voraussetzung für weitere berufliche Chancen an – aber: 13 Prozent der Menschen zwischen 25 und 34 hätten keines von beiden. Und das ist seit Jahren unverändert. Dabei steht laut Schleicher fest: „Diejenigen, die gut gebildet sind, haben in Deutschland bessere Lebenschancen.“ Insgesamt bekommt Deutschland gute Noten der OECD für sein Bildungswesen, die Investitionen in Schulen, das Gehalt der Lehrer. In nur wenigen Ländern sind so viele junge Leute in Bildung, Ausbildung oder Beschäftigung. Und doch: „Es wäre fatal, wenn wir uns damit zufriedengeben“, räumt auch Bildungsministerin Johanna Wanka (CDU) ein. Bei gerechten Bildungschancen gebe es Luft nach oben. Langweilige Jobs mit Frust und Sorgen Adrian hat am eigenen Leib erfahren, was es heißt, ohne Qualifikation in die Berufswelt zu wechseln. „Jedes Jahr hatte ich einen neuen Job, manche waren auf sechs Monate befristet“, sagt der 24-jährige Berliner. Oft waren es Fließbandjobs. „Ich stand jeden Tag an der gleichen Stelle.“ Mit den Jahren wuchsen der Frust – und die Sorgen, wie es weitergeht. Nun ist er untergekommen in einer Berliner Einrichtung namens „Chance“, die junge Menschen bis 25 Jahre doch noch zum mittleren Schulabschluss führt. Adrians Ziele: Abitur – und ein abwechslungsreicher Beruf. Hat man erst mal einen Abschluss, sind die Chancen Celina, Adrian und Sila (v. l.) gut: Von den Abiturienten und Absolventen entsprechender Berufsbildungsgänge sind nur 4,3 Prozent arbeitslos – bei Akademikern und Absolventen einer hohen Ausbildung nur 2,3 Prozent. Mit einem Bachelor oder einer Meister- oder Technikerausbildung gibt es im Schnitt auch 50 Prozent mehr Gehalt als mit Realschulabschluss oder Ausbildung. „Ohne Schule kommst Du nicht weit.“ Heute ist sich die 21-Jährige Sila da sicher. Als Jugendliche war ihr das ziemlich egal. „Ich hatte keine Lust mehr auf Schule, ich hatte kein Ziel.“ Stattdessen Hier geht es zum Schulabschluss. FOTOS (2): SOPHIA KEMBOWSKI hatte sie jede Menge private Probleme – und legte erst mal eine „Selbstfindungsphase“ ein, wie sie sagt. Einfach schulfrei? „Am Anfang war das gut“, erinnert sich Sila. „Doch dann ist mir die Decke auf den Kopf gefallen.“ Also machte sie sich auf die Suche nach Arbeit – und wurde in einem Krankenhaus fündig. Sie half etwa in der Pflege, bis es nicht mehr ging. Rückenschmerzen machten ihr zu schaffen – und fehlende Perspektiven. „Ich will etwas erleben“, strahlt sie. „Zum Beispiel jeden Tag an der Kasse stehen, wäre nichts für mich.“ Außer Deutsch und Türkisch spricht Sila auch Englisch – nun lernt sie jeden Tag, um erst den mittleren Abschluss, dann das Abitur nachzuholen. „Früher hieß es: Ich muss, muss, muss – heute will ich es selbst.“ Silas Klassenkameradin Celina hingegen blieb bisher eine Durststrecke mit eher schlechten Jobs erspart. Doch auch der 18-Jährigen fehlt bisher ein qualifizierter Abschluss. Das merkte sie beim Schreiben von Bewerbungen. Absage folgte auf Absage. „Ich möchte zum Zoll oder zur Polizei“, sagt sie. Nun arbeitet die Berlinerin an einem Abschluss – und dann will sie es wieder mit Bewerben versuchen. Für OECD-Experte Schleicher ist klar: Die Zahl der Menschen ohne qualifizierten Abschluss zu drücken, ist nicht leicht. „Aber es ist kein unlösbares Problem.“ Man müsse sehr früh investieren – auch schon in Kitas. Denn 15-Jährige zählen nur halb so oft zur Gruppe mit besonders großen Risiken auf schulisches Scheitern, wenn sie mehr als ein Jahr an der Vorschulbildung teilgenommen haben. Da gibt es Hoffnung: Bereits 94 Prozent der Dreijährigen besuchen mittlerweile eine Kita. Besonders wichtig – sagt Schleicher auch mit Blick auf die vielen Flüchtlingskinder – ist das bei den Kleinsten mit ausländischen Wurzeln. Denn sie schneiden im Bildungssystem heute oft schlechter ab. Anzeige NBS NBN PZ TZ AZ AZD HZ PAZ DZ MZ MST MSM SZS

Freitag, 27. Januar 2017 Lehrstellen Kurier Seite 15 Auf dem Weg nach oben Ausbildung, Berufsabschluss – und dann war es das für die nächsten 40 Jahre? Ganz falsch. Auch nach der Lehre stehen Interessenten viele Wege offen, die in die Selbstständigkeit oder auf den Chefsessel führen können. Wie das geht, erläutert Ellen Grull, Leiterin Aus- und Weiterbildung bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) Neubrandenburg, im Gespräch mit Marina Spreemann. Sie sagen, dass die berufliche Karriereleiter gegenüber dem Studium durchaus Vorteile hat. Welche sollen das sein? Zum einen habe ich mit der beruflichen Ausbildung sofort den Einstieg ins Unternehmen und erwerbe fachspezifische Kompetenzen direkt in der Beschäftigung. Damit kenne ich die realen Arbeitsbedingungen besser als Betriebsfremde, die einsteigen wollen. Weiterhin bekomme ich als Azubi von Beginn an eine Ausbildungsvergütung. Und die kann sich etwa in den industriellen Berufen wirklich sehen lassen. Ein dritter Punkt ist, dass sich nach der Ausbildung der Einstieg ins Berufsleben gut schaffen lässt. Über 80 Prozent der Betriebe in der Region sagen, dass sie ihre Azubis auch übernehmen wollen. Die Chefs sehen natürlich den Vorteil, dass sie die selbst ausgebildeten jungen Leute kennen und meist nur eine kurze Einarbeitung notwendig ist. Ellen Grull FOTO: IHK Das Studienangebot ist riesig. Wie sieht es bei den Lehrstellen aus? Findet jeder seinen Traumberuf vor der Haustür? Fast jeder. Wir starten unter allen Azubis im ersten Lehrjahr nach der Probezeit immer eine Umfrage und wollen wissen: Ist das jetzt dein Wunschberuf? Im zweiten Jahr in Folge haben 80 Prozent mit Ja geantwortet. Welche Aufstiegsmöglichkeiten bieten sich denn nach der Lehre? Man kann zum Beispiel Meister oder Fachwirt werden, was dem Bachelor-Niveau gleichwertig ist. Auf dem Master-Niveau steht etwa der Geprüfte Betriebswirt. Können Sie das konkret für einige Berufe beschreiben? Nehmen wir zum Beispiel den Bankkaufmann. Der könnte sich zum Bankfachwirt qualifizieren und dann im mittleren Management, vielleicht als Filialleiter, arbeiten. Oder ein Kaufmann im Groß- und Außenhandel kann Fachwirt für Einkauf oder Handelsfachwirt werden. So wäre auch für ihn möglich, Filial-, Abteilungsleiter, Regionalverantwortlicher zu werden und damit Führungsverantwortung zu übernehmen. Für Baufachleute wie Maurer bietet sich die klassische Qualifizierung zum Polier an. Karriere? Na klar. Auch nach einer Berufsausbildung stehen jungen Leute viele Wege offen. FOTO: CHRISTIAN CHARISIUS Es gibt aber auch universelle, also branchenübergreifende Fortbildungen wie den Wirtschaftsfachwirt. Das ist sozusagen ein Betriebswirtschaftler der beruflichen Praxis, der zum Beispiel gern in Personalabteilungen eingesetzt wird. Eine Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft hat übrigens ergeben, dass berufliche Fortbildung häufiger in direkte Personalverantwortung führt als ein Studienabschluss. 47 Prozent der Fortbildungs- und 39 Prozent der Hochschulabsolventen bekleiden demnach eine solche Position in ihrem Beruf. Welche Abschlussnote brauche ich für eine berufliche Fortbildung? Da gibt es keine Vorgabe für eine bestimmte Abschlussnote. Einzige Voraussetzung ist eine abgeschlossene Berufsausbildung und/oder praktische Erfahrung. Wichtig ist, was jemand kann. Die Fortbildung ist kompetenzorientiert angelegt. Die Fortbildungsmöglichkeiten stehen einem übrigens in jedem Lebensalter offen. Das finde ich wichtig, denn Leistungswille und Interesse an einer Karriere kommen manchmal ja erst später, wenn jemand anfängt, sich die Frage zu stellen: Was kann ich aus mir machen? Und da eine Fortbildung berufsbegleitend erfolgt, verdient man auch sein Geld weiter. Kontakt zur Autorin m.spreemann@nordkurier.de Nachgefragt Julia Wisniewski FOTO: EDEKA/OLE STEINDORF-SABATH Julia Wisniewski hat ihren Traumjob gefunden. Im August 2010 startete sie ihre Lehre zur Kauffrau im Einzelhandel bei Edeka Schubert in Waren an der Müritz. Eigentlich wollte sie eine Ausbildung zur Bürokauffrau machen, doch das hielt die junge Frau nicht davon ab, zu einer der besten Azubis in MV zu werden. Und auch bei den Auszubildenden der gesamten Edeka Nord zählte sie zu den Besten. „Die Auszeichnung gehörte sicher zu einem der schönsten Erlebnisse in der Ausbildung, denn wir haben Olivia Jones kennengelernt, die uns die Zeugnisse überreichte.“ Nachdem sie ihre Ausbildung im Juli 2013 beendete, arbeitete sie zunächst in der Buchhaltung und Wie läuft es mit der Karriere? in der allgemeinen Verwaltung. Bis irgendwann ihr Chef, Ingolf Schubert, während der Mittagspause auf sie zukam und sich nach ihren Zukunftswünschen erkundigte. „An diesen Tag erinnere ich mich ganz genau. Ich habe ihm gesagt, dass ich gerne etwas für die Azubis machen möchte. Da ich genau weiß, was sie brauchen. Und nur wenige Wochen später erhielt ich das Angebot, in die Personalabteilung zu wechseln.“ Das war im November 2014. Anfang 2015 machte sie schließlich ihren Ausbilderschein und arbeitet inzwischen als Assistentin der Personalchefin. Bereut hat sie ihre Wahl nie, denn inzwischen ist sie in der Personalabteilung, zu ihrem Traumberuf gekommen. Und ein Härtetest im vergangenen Jahr hat das auch gleich bewiesen. Edeka Schubert eröffnete 2016 eine neue Filiale in Waren. Dafür mussten 52 neue Mitarbeiter her. „Ich war bei allen Vorstellungsgesprächen dabei und durfte auch schon selbst welche führen. Das war zwar eine anstrengende Zeit mit viel Arbeit. Aber sie zeigte mir eben auch, wie sehr ich in meinem Beruf richtig bin.“ lw Thomas Schernus-Adel FOTO: PLAYGROUND FITNESS Thomas Schernus-Adel ist seit einem Jahr selbstständig. Der 26-Jährige führt „playground Fitness“, sein eigenes Studio in der Innenstadt von Waren. Das war nicht sein Plan A und doch kann der sportbegeisterte Warener nichts Schlechtes aus seiner Zeit im Beruf erzählen. Und so ganz weit ab vom Weg ist er auch nie gekommen. Ursprünglich wollte Thomas Schernus- Adel Sportwissenschaften auf Lehramt studieren. Doch als das nicht klappte, entschied er sich zur Ausbildung zum Sport- und Fitnesskaufmann, die er im heutigen „Spaworld- Fleesensee“ absolvierte. Und dies nicht einfach so: Thomas Schernus-Adel war der beste seines Jahrgangs und erhielt von der IHK ein Weiterbildungsstipendium. Dieses beinhaltete eine bestimmte Summe, die er innerhalb von drei Jahren für Weiterbildungen verwenden durfte. Und während er anfangs als normaler Facharbeiter und später als Studioleiter bei Spaworld tätig war, nutzte er die volle finanzielle Unterstützung aus und machte zahlreiche zusätzliche Scheine in Bereichen, die ihn besonders interessierten. So hat er inzwischen unter anderem Lizenzen als Fitnesstrainer, Personal Trainer, Medizinischer Fitnesstrainer, Gesundheitscoach, Übungsleiter Rehasport Orthopädie und einige mehr. Zudem bildet er selbst Azubis aus und wurde 2014 in den Prüfungsausschuss für der Sport- und Fitnesskaufmänner und -frauen in MV berufen. „Ich habe schon eine Weile über die Selbstständigkeit nachgedacht, aber dann ging alles doch recht spontan – nämlich innerhalb von vier Wochen. Es hat sich einfach alles gut ergeben.“ Nun ist er ein Jahr und wenige Wochen selbstständig und bereut diesen Schritt nicht. Nicht einmal habe er in all der Zeit an seiner Berufswahl gezweifelt. lw NBS NBN PZ TZ AZ AZD HZ PAZ DZ MZ MST MSM SZS

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