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SEITE 30 FREITAG, 4. MAI

SEITE 30 FREITAG, 4. MAI 2018 Exklusiv im Test: Mercedes x-Klasse und Renault Alaskan Bei den meisten Interessenten dürfte der Renault Alaskan als „Arbeitsgerät“ zum Einsatz kommen. Passend dazu kann er etwa 3,5 Tonnen ziehen. Fotos (14): KonRAd WEGEner Lust auf Laster für alle Pflaster Kein Kinderspiel: mit einem 5,40-Meter-Auto in die Tiefgarage. Für die durchschnittliche Parklücke ist er jedenfalls zu lang. Die Armaturen wirken aufgeräumt und durchdacht angeordnet. Die Außenkameras des Alaskan sind dezent verbaut worden. Bis zu 960 Kilogramm kann die Ladefläche aushalten. Von Gerald Bahr und Lutz Reuter Howdy, Partner! Pickups sind so amerikanisch, wie es nur geht. Grund genug für zwei US-Car-verliebte Redakteure, in allen Wetterlagen zu testen, was von ihrem uramerikanischen Mobil- Traum übrig bleibt, wenn Europäer versuchen, diesen zu verwirklichen. Neubrandenburg. Je dichter wir dem Hügel kommen, desto stärker wird das Bedürfnis, eine ganz bestimmte Melodie zu summen: den Titelsong zur Serie „ein Colt für alle Fälle“. Dieses Lied gehört wohl zu den meistgehörten Musikstücken unserer Jugend. Wir sind mit dieser kitschigen Kult-Sendung aus den 1980er Jahren quasi aufgewachsen. So prägte sie auch eine unserer ersten Vorstellungen von Amerika: Coole Typen in Pritschenwagen, die so riesig sind wie Lkw auf deutschen Straßen. Dementsprechend haben sich auch die Bilder von dem fliegenden Pickup des Hauptdarstellers, einem Stuntman, in unsere autovernarrten Hirne eingebrannt. Noch etwa 400 Meter. Mein Fuß drückt das Gaspedal fast automatisch weiter gen Bodenblech. „… I might fall from a tall building, I might roll a brand new car. Cause I‘m the unknown stuntman...“ hallt es jetzt klar und deutlich zwischen unseren Ohren. Noch 150 Meter. Colt Sievers – Hauptdarsteller der Serie – würde jetzt das letzte bisschen Beschleunigung aus dem V8-Motor seines GMC herauskitzeln, um dann abzuheben. Aber ein Redakteur ist kein Stuntman, Autos können im wahren Leben meist nur ein einziges Mal fliegen – und die Seenplatte ist nicht Amerika. Dennoch wächst der Markt für Pickups stetig, auch in Deutschland. Toyota, Mitsubishi, Ford, VW, Nissan mit einer Pritsche sind längst kein seltener Anblick mehr. Doch für wen eignen sich solche Wagen überhaupt? Wer beruflich viel im Gelände unterwegs ist und eine größere Ladefläche braucht, als es der Stauraum eines Geländewagen bietet, der ist mit einem Pickup gut beraten. Förster, Landwirte, Bauarbeiter oder Landschaftsgärtner tuckern da gerade vor dem geistigen Auge durch die nordöstliche Pampa. Fehlen noch die Menschen, die SUVs zu weichgelutscht finden und gerne größer, breiter, länger und vor allem wirklich geländefähig sein wollen. Der Pickup als kerniger Konkurrent für den Softie-SUV. Technische Daten Motor 4 Zylinder Diesel Hubraum 2,3 Liter Leistung 190 PS Höchstgeschwindigkeit X-Klasse: 176 Km/h Alaskan: 172 Km/h Verbrauch X-Klasse: 7,7 Liter Alaskan: 6,3 Liter CO2-Emission X-Klasse: 192 g/km Alaskan: 167g/km Länge/Breite/Höhe X-Klasse: 5340/1920/1819 mm Alaskan: 5399/1850/1810 mm Grundpreis X-Klasse: 40 115 Euro Alaskan: 41 364 Euro Optik Ausstattung Kosten Fahrspaß Gesamt Neu konzipiert, aber irgendwie auch nicht Seit Ende 2017 versuchen Mercedes Benz mit der X-Klasse und Renault mit dem Alaskan, sich im Pickup-Segment zu etablieren. Für beide Entwicklungen könnte das Motto lauten: neu, aber irgendwie auch nicht. Denn die Grundlage für beide Modelle ist ein Pritschenwagen, der sich bereits bewährt hat. Der Nissan Navara. Die Mercedes- Entwickler betonen, dass die X-Klasse eine Art heimisches Gefühl bieten soll, aber eben nicht das, was vom Nissan bekannt ist. Man soll in einen Mercedes einsteigen und genau das fühlen: „Ja, kenn’ ich. Is’n Benz.“ Das ist gelungen. Vor allem das freistehende Display und das Touchpad mit Drehrad, womit das Display bedient wird, sind Wiedererkennungsmerkmale. Vom Vati, dem Nissan Navarra, ist im Innenraum eigentlich nur eines geblieben: die Position des Schalthebels, was natürlich technische Gründe hat. Aber ein seichter SUV-Verschnitt mit Pritsche ist die X-Klasse deswegen noch lange nicht. Im Gelände fühlt sie sich pudelwohl. Zuschaltbarer Allrad-Antrieb, ein Untersetzungsgetriebe und mechanische Differenzialsperre sind dafür goldrichtig. Der stabile Kastenrahmen des Navara ist in dem Terrain ja erprobt und zu Hause. Wir haben für unseren Test so ziemlich alle legalen Geländewege, Wälder oder Steigungen in der Umgebung von Neubrandenburg befahren, die wir finden konnten. Klar, den einen oder anderen Acker könnte man damit sicher ganz vergnüglich „umpflügen“, aber das ist ja Privatbesitz. Hier und da ein paar ordentliche Steigungen noch mit schneebedecktem Untergrund, Waldwege mit tiefen Fahrspuren (die wir freudestrahlend vertieft haben), Matsch, Schnee, egal. Nichts dergleichen konnte den Pickup aus der Ruhe bringen. Das Einschalten der Untersetzung war für diese Strecken nicht einmal nötig. Alles andere wäre aber auch eine Enttäuschung gewesen, schließlich ist Papa Navarra als Arbeitstier bekannt. Die Geländefähigkeit liegt also in den Genen. Im Innenraum und an der Karosserie finden sich die Unterschiede. Das gilt aber nicht für den Renault Alaskan. Dessen Innenraum wurde vom Nissan übernommen. Nur die Karosserie hat andere Formen, damit der neue französische Pickup in die Optik der aktuellen Renault-Familie passt. Eine passgenaue Ladefläche für Europaletten Der Renault fährt sich im Gelände ebenso gut, kann wie der Mercedes rund eine Tonne Zuladung schultern. Und – für Gewerbetreibende nützlich – bei beiden passt eine Euro-Palette locker zwischen die Radläufe auf der Pritsche. Der Renault ist nicht ganz so gut gedämmt wie der Mercedes, man hörte bei dem von uns getesteten 190-PS-Diesel die Motorgeräusche ein wenig mehr. Aber wohlgemerkt: Wir reden hier von Nuancen auf einem äußerst hohen Niveau. Der Renault ist dennoch sehr leise, obwohl er akustisch ein wenig mehr rüttelt und schüttelt, einfach etwas herber rüberkommt. Und das tut dem Pickup-Charme durchaus gut. Stuntman Colt Sievers würde vielleicht daran Gefallen finden. Wir tun es auf jeden Fall. Womit der Renault aus unserer Sicht (und jetzt wird es sehr subjektiv) punkten kann, ist der Innenraum. Sicher, der Mercedes sieht dort etwas schicker aus. Aber das Gefühl, in einem Arbeitsgerät zu sitzen, das einfach funktionieren muss, kommt nicht wirklich auf. Dafür ist er zu

FREITAG, 4. MAI 2018 SEITE 31 Exklusiv im Test: Mercedes x-Klasse und Renault Alaskan Cooler Schlitten: Die X-Klasse von Mercedes macht nicht nur im Gelände eine gute Figur, aber eben da am meisten Spaß. schmuck. Der Schönling kann zwar tatsächlich feste anpacken. Aber wer seinen Wagen so liebt, wie wir es tun, würde es nicht übers Herz bringen, den Fußboden der X-Klasse vollzumottern und seine Armaturen mit dreckigen Fingern zu beschmieren. Lifestyle-Pickups mit tatsächlicher Funktion Die vom Nissan Navarra übernommene Innenraumausstattung im Renault wirkt da etwas weniger poliert, arbeitsmäßiger. Vor allem ist der große Touchscreen im Renault auf Anhieb intuitiv und schneller zu bedienen, als der im Mercedes. Wohlfühlen kann man sich in beiden Wagen. Nur in den Renault steigt man eben bedenkenlos mit dreckigen Stiefeln ein, die ölverschmierten Hände packt man trotzdem aufs Armaturenbrett und grabbelt an den Knöpfen der Klimaanlage herum. Dafür ist er da, um dreckig gemacht und benutzt zu werden. Die X-Klasse wirkt dagegen eher wie der harte Kerl (welcher er auch ist) mit sanftem Kern. Allerdings sollen mit Sicherheit nicht nur körperlich hart arbeitende Menschen oder Stuntfrauen- und Männer als potenzielle Käufer dieser Autos angesprochen werden. Beworben werden sie oftmals als Lifestyle-Pickups mit tatsächlicher Funktion. Wer jetzt an urbane Gegenden statt Ackerflächen denkt, an Städte statt ans platte Land, der wird sich vielleicht noch einmal genauere Gedanken beim Kauf machen wollen. Denn mit etwas mehr als 5,30 Metern Länge und einer Höhe von etwas mehr als 1,80 Meter sind beide im Stadtverkehr, nunja, nicht gerade optimal zu bewegen. Andererseits: Wem ähnlich verklärte USA-Vorstellungen von mobiler Freiheit inklusive unendlicher Pisten im Kopf herum wabern wie uns, möchte sich aus Stil-Gründen einen Pickup kaufen. Vernunft spielt dann eine untergeordnete Rolle. X-Klasse und Alaskan sind dann mehr als empfehlenswert. Denn die wirklich gewaltigen US-Urviecher a la Dodge Ram oder Ford F150 sind mit ihren großen Motoren und einem Durchschnitt-Durst von locker 15 Litern Benzin pro 100 Kilometer keine wirkliche Alternative bei Spritpreisen von etwa 1,35 Euro für den Liter. So ergibt sich eine weitere Zielgruppe: die „Stadt-Cowboys and Girls“. Zumal durch ein auf die Ladefläche geschnalltes Hard Top fast im Handumdrehen aus dem Pritschenwagen ein vollkommen überdimensionierter Kombi werden kann. Ist auch cool – aber in der Stadt dennoch meistens unpraktisch. Wer also mit X-Klasse oder Alaskan einfach nur in Städten auffallen will, sollte das bedenken, im positiven wie auch im negativen Sinne. Die hauptsächliche Zielgruppe für Pickups sind wohl dennoch Leute, die ihr Auto für die Arbeit benötigen. Bisher hatten sie die Wahl zwischen Toyota Hilux, Nissan Navarra, Mitsubishi L200, VW Amarok und dem Ford Ranger. X-Klasse und Alaskan bereichern da die Vielfalt in einem wachsenden Segment des deutschen Automarktes. Klar, Mercedes und Renault wollen ein Stück von diesem Kuchen abhaben. Ob ihnen das gelingt? Möglich. Der 190-PS-Diesel in beiden Fahrzeugen ist ausreichend. Mercedes-Kunden warten auf einen größeren Moter Bei Mercedes in Neubrandenburg konnten wir vor diesem Test erfahren, dass bereits rund ein Dutzend der Test-Ausführung verkauft wurde. Die meisten Kunden hätten aber Interesse am 350d. Sprich: Der 6-Zylinder-Diesel mit 3 Litern Hubraum wird bevorzugt. Die 2,3 Liter Hubraum in den beiden Testfahrzeugen sind okay, fahren sich recht spritzig. Generell waren wir erstaunt, wie leichtfüßig sie im Handling trotz ihrer Größe daherkamen. Wer aber die linke Spur auf der Autobahn für sich haben will: Lasst es, das reicht nicht. Windwiderstand wie ein Garagentor und mehr als zwei Tonnen Leergewicht gehören da nicht hin. Und wer regelmäßig schwer zulädt und größere Lasten zieht, etwa Pferdeanhänger, möchte vielleicht etwas mehr Hubraum. Der 3-Liter-Diesel dürfte da die bessere Wahl sein. Für den Renault ist kein größerer Motor angekündigt, die Ausstattung im Mercedes ist etwas umfangreicher. Vor allem die Kamera an der Front ist super, um an engen Kreuzungen oder Ausfahrten Fußgänger oder Radfahrer links und rechts früh zu erkennen, noch bevor man auf dem Gehweg steht. Das hat aber auch seinen Preis, die X-Klasse lässt sich mit viel Ausstattung auch schnell auf einen Preis von knapp 51 000 Euro konfigurieren. Der Renault ist ein wenig günstiger, aber etwas mehr als 46 000 Euro kommen mit ein paar Extras auch schnell zusammen. In beiden Fällen mit dem gleichen 2,3-Liter-Diesel-Motor. Wer nun denkt, dass das doch archaische Mörder-Maschinen sind, die die Luft verpesten, wie können die das testen und gut finden? Ja! Was denn sonst? Ein Pickup muss Kraft haben, der Verbrauch sollte im Rahmen bleiben, und die Technik muss robust sein. Genau das kann ein Diesel. Kontakt zum Autor l.reuter@nordkurier.de Viele Kunden warten noch auf die 3-Liter-Variante der X-Klasse. Die Pritsche wirkt wie maßgeschneidert für Europaletten. Besonders die 360-Grad-Funktion der Kamera beeindruckt. X-Klasse und Alaskan – die Abkömmlinge des Nissan Navara Mercedes-Benz und Renault sind in das Geschäft mit den Pickups eingestiegen. Damit die Entwicklungskosten nicht so hoch sind und sie von grundauf anfangen müssen, bedienen sich beide Hersteller bei einem echten Arbeitstier, dem Nissan Navara. Den Navara gibt es seit 1986, bei Nutzfahrzeugen blickt Nissan ohenhin auf eine sehr lange Tradition zurück. Die aktuelle Variante kann auf der Ladefläche gut eine Tonne an Zuladung schultern und bis zu 3,5 Tonnen ziehen. Wie gut er zieht, hängt aber von der Zuladung ab – und davon wiederum, wie der Kunde sein Fahrzeug bestellt. Der 2,3-Liter-Turbodiesel, der auch in der Mercedes X-Klasse und dem Renault Alaskan zum Einsatz kommt, ist wahlweise mit 163 oder 190 PS erhältlich. Wer also häufig schwer auflädt und auch noch Anhänger zieht, greift besser zu mehr Leistung. Schließlich wiegt der Pickup selbst schon rund zwei Tonnen leer. Die günstigste Ausstattungsvariante des Navara mit dem 190-PS- Motor gibt es laut Nissan ab 35 360 Euro. Das Nissan-Urgestein ist die Grundlage für die X-Klasse und den Alaskan: Plattform, Antriebsstrang und Pritsche wurden vom Navara übernommen. Mercedes hat Innenraum selbst gestaltet, um in die Benz-Linie zu passen. Die Karosserie wurde bei der X- Klasse ebenfalls eigenständig designt, Ähnlichkeiten zum Navara und dem Alaskan, den Renault bis auf Logos größtenteils von Nissan übernommen hat, sucht man beim Mercedes vergeblich. Renault hat bei der Front, den Scheinwerfern und der Heckklappe Hand angelegt. Der Innenraum stammt komplett vom Navara. Förster, Landschaftsgärtner und Jäger könnten an dem Mercedes mit Ladefläche Gefallen finden.

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