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Goldene Jahre_Mecklenburgische Seenplatte

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Seite 14 Ratgeber 4. Lebensphase Gesundheit Neu alt werden Heute sind ältere Menschen länger fit und gesund – auch die Erwartungen an die Lebensqualität sind höher Wir alle kennen diese Momente: Die Haustür schlägt zu und der Schlüssel liegt vergessen im Flur. Der Euro für den Einkaufswagen fällt aus der Hand und das Aufheben schmerzt schrecklich im Kreuz. Der Nachbar ruft Hallo und eine Frage über den Gartenzaun. Nur welche, das konnten wir einfach nicht hören. Und dann fällt dieser Satz: „Ich glaube, ich werde alt!“ Lange Zeit war klar, dass mit dem Alter auch die Gebrechen kommen. „Omakrankheiten“ wie der gebeugte Rücken, das langsame Gehen am Stock, verkrümmte Finger oder selbst offene Beine gehörten eben einfach dazu. Heute ist die Sicht auf das Alter eine andere. Ältere Menschen sind länger fit und gesund, die Lebenserwartung ist enorm gestiegen: Wurden die Menschen in Deutschland im Jahr 1970 durchschnittlich etwa 71 Jahre alt, sind es heute bereits rund 81 Jahre. Und „Omakrankheiten“ lassen sich schon lange nicht mehr verallgemeinern. „Früher war es akzeptiert, dass man im Alter nicht mehr gut hören, laufen oder sehen kann“, beschreibt Prof. Dr. Attila Altiner. Er ist Direktor des Instituts für Allgemeinmedizin an der Universitätsmedizin Rostock. Heute kann die Medizin in vielen Fällen für Verbesserung sorgen. Vor allem aber hat sich die Vorstellung davon, was im Alter normal ist, gewandelt. Auch die Erwartungen an die Lebensqualität sind höher. „Wo früher vielleicht mit 65 Jahren der Ruhestand kam, beginnt heute oft der Unruhestand. Die Menschen erfüllen sich Wünsche, reisen, entwickeln Hobbys.“ Deshalb hat sich auch der Früher waren alte Menschen eben kurzsichtig, schwerhörig und nicht mehr gut zu Fuß. Heute hat sich der Blick auf „Omakrankheiten“ und deren Therapie völlig verändert. FOTO: HUNOR KRISTO - FOTOLIA entscheidende Aspekt für Mediziner und Patienten verschoben. „Es geht vor allem um die soziale Teilhabe“, sagt Attila Altiner. „Genauer gesagt: die selbst bestimmte Teilhabe am Leben.“ Es ist also gar nicht so entscheidend, ob das Herz noch optimal arbeitet, sondern welche Konsequenzen sich daraus für den Alltag des Einzelnen ergeben. Bekomme ich keine Luft? Oder bin ich „nur“ etwas langsamer in der Welt unterwegs? Und wie ist es für mich, langsam zu sein? Für den einen ist es schrecklich, weil er so nicht mehr mit seiner Wandergruppe mithalten kann. Für den anderen ist es gar nicht so wichtig – vielleicht, weil er seine Freizeit eher beim Skatspielen oder Zeitunglesen verbringt. „Als Arzt ist es deshalb ganz wichtig, herauszufinden, was das Ziel des Patienten ist“, sagt Attila Altiner. „Und das kann ganz unterschiedlich sein: Vielleicht keine oder möglichst wenig Schmerzen zu haben, sein Hobby mit Leidenschaft zu verfolgen oder auch aktiv etwas mit den Enkeln unternehmen zu können.“ Genau genommen darf sich ja erst Oma oder Opa nennen, wer mindestens ein Enkelkind hat. Und tatsächlich sind die jüngsten Familienmitglieder oft entscheidend dafür, was sich ältere Patienten unter einem guten Gesundheitszustand vorstellen. „Heute wollen sie nicht mehr nur mit den Babys schäkern oder mal ein Märchen vorlesen“, beschreibt Attila Altiner. Oma und Opa wollen auch mithalten, wenn die Kleinsten mit dem Laufrad davondüsen, sie wollen am Klettergerüst assistieren, Fahrradausflüge machen, Fußball spielen, Strände und Badeparadiese besuchen. Dafür müssen Funktionen, die vielleicht verloren gegangen sind, wiederhergestellt werden, so der Allgemeinmediziner. Es geht hingegen nicht

Ratgeber 4. Lebensphase mehr unbedingt darum, Organfunktionen zu optimieren. „Ein junger Mensch würde sagen: Mein Knie ist kaputt. Bei einem Älteren heißt es eher: Ich kann nicht mehr spazieren gehen“, bringt es Attila Altiner auf den Punkt. Zu den typischen Krankheiten, die im Alter auftauchen, gehören zum Beispiel Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Erkrankungen des Nervensystems wie Demenz und Krankheiten des Bewegungsapparates wie Veränderungen an der Wirbelsäule oder Arthrose. Schwerhörigkeit muss nicht mehr dazugehören Phänomene wie offene Beine werden heute nicht mehr einfach akzeptiert, erklärt der Mediziner. Oft basierten sie auf der Kombination einer arterio-venösen Durchblutungsstörung und einer schlecht eingestellten Zuckererkrankung – ein Zustand, zu dem es heute in vielen Fällen nicht mehr kommen muss oder der schlicht behandelt und behoben werden würde. Auch das schlechtere Hörvermögen – früher ab einem bestimmten Alter absolut normal – wird heute gut behandelt, wenn der Patient es will. „Denn das große Problem ist, dass schlechtes Hören die soziale Teilhabe enorm beeinträchtigt.“ Auch auf die Entwicklung des Hirns und der neurobiologischen Prozesse habe es möglicherweise einen negativen Einfluss, wenn das Hören nachlässt. Und die Behandlung reicht mittlerweile bis hin zu exzellenten Hörgeräten und sogar Cochlea-Implantaten. „Als diese entwickelt wurden, waren sie eigentlich nur für gehörlos geborene Kinder oder in frühem Alter hörgeschädigte Menschen gedacht.“ Während einige vermeintliche „Omakrankheiten“ heute nicht mehr einfach so hingenommen werden, hat sich auf der anderen Seite das Spektrum dessen, was im Alter noch als gesund gilt, erweitert. Das lässt sich zum Beispiel gut an der Zuckerkrankheit beobachten. „Ganz früher hieß es bei Alterszucker oft ‚Was soll’s‘. Dann schlug das Pendel in die andere Richtung aus.“ Für alle Patienten wurden die gleichen Zielwerte angelegt und streng beobachtet. „Und es gab diese unsägliche Entwicklung der Diabetikerprodukte. Heute hat sich das relativiert und ältere Menschen können durchaus etwas höhere Zuckerwerte haben. Denn wir wissen, dass die Gefahr einer Unterzuckerung bei ihnen viel höher ist als die Gefahr, die etwas erhöhte Werte mit sich bringen.“ Wie das Alter auf den Körper und den Geist wirkt – daran wird viel geforscht, beschreibt der Allgemeinmediziner. Fakt ist, dass die Regeneration der Zellen nicht mehr so gut funktioniert. Es entstehen Fehler im Erbgut, die bei jeder Teilung weitergereicht werden. Deswegen arbeitet der Herzmuskel nicht mehr ganz so effektiv. Vielleicht wird auch die Haut dünner und empfindlicher. Wie das Altern im Detail funktioniert, liege aber immer noch weitgehend im Dunkeln. So weiß man zum Beispiel, dass die Resilienz – also die Fähigkeit, Störungen zu überstehen und zu verwinden – sehr unterschiedlich ist. „Dazu gehört auch das Phänomen, dass jüngere Menschen Infektionskrankheiten gut überstehen, während Ältere oft erhebliche Folgeerkrankungen haben. Es wird viel daran geforscht, wie man die Widerstandskraft wecken kann.“ Auch der Kopf gerät stärker in den Fokus. „Wir sind sehr sensibel geworden, was das Thema Demenz angeht“, so der Mediziner. Viele Patienten achten darauf, wie vergesslich sie sind und gehen mit ihren Sorgen zum Arzt – was gut sei. „Aber manche werden dabei auch ungnädig mit sich selbst. Dass das Kurzzeitgedächtnis sich im Alter verändert, ist in bestimmtem Maße normal.“ Stefanie Lanin

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